Joahnnes Sieber empfiehlt Annina von Falkenstein (LDP)

Soll bleiben: Annina von Falkenstein

Für die Erneuerungswahlen am 20. Oktober 2024 empfehle ich aus jeder der sieben Fraktionen im Grossen Rat eine:n Grossrät:in zur Wiederwahl. Vom Grün-Alternativen Bündnis (GAB) über die Mitte bis zur Schweizerischen Volkspartei (SVP) publiziere ich hier sieben Persönlichkeiten aus dem Grossen Rat – und empfehle sie zur Wiederwahl. Mit je einem kurzen Gespräch über die Politik, den Ratsbetrieb und den Kanton Basel-Stadt.

Hintergrund: Soll ein amtierender Grossrat den politischen Gegner zur Wiederwahl empfehlen? Eher nicht. Tue ich es trotzdem? Ja, hier der Grund.

Fraktion Liberaldemokratische Partei: Annina von Falkenstein (LDP)

Annina von Falkenstein ist die Hoffnungsträgerin der Liberaldemokratischen Partei Basel-Stadt. Bei den Nationalratswahlen im 2023 hat die Partei eher unter den Erwartungen abgeschnitten und auch die Prognosen für die Erneuerungswahlen sind getrübt vom Ausscheiden grosser Namen, wie beispielsweise André Auderset oder auch Beat von Wartburg, dem noch-Direktor der Christoph Merian Stiftung. Annina steht für den Generationenwechsel der Partei von und um Familie Eymann/von Falkenstein und es ist zu hoffen, dass ihr der gelingt. Denn zusammen mit Michael Hug bringt sie frischen Wind in die teils doch eher – ich muss es sagen – stock konservative Fraktion. Damit verdient sie sich meine Empfehlung.

Johannes Sieber: Annina, deine Familie von Falkenstein hat Basel-Stadt lange geprägt. Da hast du ja ein grosses Erbe angetreten. Historie verpflichtet, darfst du überhaupt selbst Entscheidungen fällen?

Annina von Falkenstein: Schön, dass du gleich mit dem Klischee startest – so können wir das gleich hinter uns bringen. Beruflich bin ich bereits aus der Familie ausgeschert, meine Wahl in den Grossen Rat lässt meinen bis dato sehr eigenständig verfolgten und aufgebauten Weg nun manchmal etwas verwässert vermuten. Dem ist aber nicht so: ich bilde mir und vertrete meine Meinungen selbständig, wie ich das schon seit ich ein kleines Mädchen war, getan habe.

JS: Zweifelsfrei, doch der Name verpflichtet, nicht?

AvF: Manchmal habe ich sogar den Eindruck, dass ich aufgrund meiner familiären Verbandeltheit mit der LDP umso mehr politisch Gas gebe, um zu zeigen, dass mir mein Nachname zwar bei der Wahl wohl geholfen hat, ich aber sehr wohl selbständig und mit eigener Meinung meinem Sitz im Grossen Rat gerecht werde und dieses Privileg des Mitbestimmens sorgfältig nutze. Praktisch ist die politische Begeisterung und Versiertheit meiner Familie dann, wenn ich bei einem politischen Thema die Vorgeschichte und die bisherige Behandlung im liberal-demokratischen Kontext nicht so gut kenne – dann weiss meistens jemand Bescheid und kann mir weiterhelfen. Was aber nicht heisst, dass ich dann zwingend zum Schluss komme, in dieser Manier weiterzufahren. Als junges LDP Mitglied darf ich auch den Anspruch haben, Dinge ab und zu anders zu sehen, sie, wo notwendig ins Heute einzuordnen und so die Partei auch in die Zukunft zu begleiten.

JS: Was siehst du anders?

AvF: Ich würde mich als etwas offener als einige meiner Fraktion zur überparteilichen Zusammenarbeit einstufen, was ich als grossen Vorteil in der parlamentarischen Arbeit empfinde und auch als Schlüssel zu mehr bürgerlich-bis-GLP-Erfolgserlebnissen sehe…

JS: … die Mehrheit heisst bürgerlich UND Grünliberale, bitteschön…

AvF: … wir Politiker und Politikerinnen schimpfen zwischendurch auch mal gerne – mir ist beim Schimpfen wichtig, dass ich darauf auch Taten folgen lasse. Ich habe die letzten vier Jahre sehr stetig politischen Einsatz gezeigt, und hoffe, dass sich das auch auszahlt. Auch meine Offenheit, Sozialthemen und Umweltforderungen aus linken Kreisen jeweils unvoreingenommen zu prüfen und nicht bereits beim Lesen des Absenders gedanklich abzustempeln, möchte ich behalten – denn Kompromisse bringen uns in vielen Bereichen weiter als dogmatische Parolen. Gerade die Offenheit gegenüber Umweltthemen und Sozialem differenziert die LDP unter anderen Aspekten seit jeher von der FDP, die zumindest das Thema Umwelt erst sehr spät entdeckt hat.

JS: Der LDP sagt man nach, sie sei die Partei des Basler Daigs. Ihr macht also Politik für die Vermögenden dieser Stadt. Fair enough, doch warum nur seid ihr so konservativ?

AvF: Teil 1 und 2 dieser Frage muss ich korrigieren, bevor ich dir etwas zur LDP erzählen kann. Wir machen überhaupt nicht nur Politik für den Basler Daig. Wir mögen zwar Iselins, Faeschs und Burckhardts in unseren Reihen haben, es finden sich dort aber auch ganz andere Familiennamen, die nichts mit dem Daig zu tun haben. So kommen übrigens auch die Namen Eymann und von Falkenstein ursprünglich aus Deutschland, und nicht aus Basel.

JS: Hört, hört, Migranten!

AvF: Auch inhaltlich sind wir nicht nur für Privilegierte, Schöne und Reiche unterwegs. Mein erfolgreicher Vorstoss, dass Studierende der FHNW auf der Reise von Basel an die Standorte Brugg und Olten finanziell belastet werden, weil das U-Abo nicht bis dahin zählt, mein Einsatz für ein Pilotprojekt mit Gratis Tests für sexuell übertragbare Krankheiten für junge Menschen oder auch unsere gemeinsame Standesinitiative zum Verbot von Konversionstherapien sind alles Zeichen einer gesellschaftlich stark verankerten Partei, die nahe am Puls verschiedener Bevölkerungsgruppen ist. Und das sehe ich als meinen Auftrag als Grossrätin….

JS: Ich weiss schon, warum ich mit dir hier spreche und nicht André Auderset…

AvF: … damit es diesen Personen aber auch langfristig gut geht, und Basel nicht an Attraktivität verliert, müssen wir auch unseren besten Steuerzahlenden Sorge tragen, und sie nicht mit Umverteilungsaktionen verteufeln. Nur aus dem vollen Kässeli kann man bezahlen. Das macht für mich Sinn, und dafür setze ich mich deshalb neben allem anderen auch ein.

JS: Das finde ich richtig.

AvF: Und was meinst du mit konservativ?

JS: Naja, konservativ halt. Es ist doch offensichtlich, dass für die LDP idealerweise alles so bleiben sollte, wie es ist. Euch geht’s gut, Veränderungen haben tendenziell etwas bedrohliches.

AvF: Das ist jetzt sehr oberflächlich gegengefragt und der Nachfrage fehlt es ausserdem an Substanz. Ja, wir haben im Gegensatz zu deiner Partei eine lange politische Tradition, die uns sicher in unserem Handeln beeinflusst. Das heisst aber nicht, dass sie uns zurückhält. Die LDP hat eine kritische und differenzierte Herangehensweise. Wenn gesellschaftlicher Wandel neue Lösungen fordert, sind wir stets bereit, diese zu prüfen und je nach Deckungsgrad mit unseren Werten auch mitzumachen oder selbst Forderungen zu formulieren. Ich sehe die liberale Einstellung und die Befürwortung der Eigenverantwortung als eine sehr zeitlose Sache – eben gar nicht konservativ. Genau diesen frischen Blick, die Einordnung in die heutige Zeit, ist das, was ich als junge LDP Politikerin auch mit vorantreiben möchte.

JS: Die LDP akquiriert fleissig Personalien mit hohem Bekanntheitsgrad auf die Wahllisten, die dann mit eurem doch eher elitären Anspruch an Politik gar nicht so sehr können. Alex Ebi zum Beispiel. Und André Auderset hättet ihr doch der SVP überlassen können. Führt das nicht zu heftigen internen Spannungen?

AvF: Ich sehe keinen elitären Anspruch an unsere Politik in unseren Reihen. Wir haben in der Fraktion einen sehr kollegialen Umgang und können unsere verschiedenen Ideen sehr gut diskutieren und dabei auch wirklich oft ziemlich viel lachen. Genau Personen, die nicht auf den ersten Blick ins LDP Schema (wie auch immer das aussieht) passen, machen doch die politische Vielfalt in einer Fraktion aus. Und wir schon erwähnt: in einer wirklich liberalen Partei stösst man sich zwar manchmal an einzelnen Argumenten, oder kann den einen oder die andere wirklich nicht leiden, rauft sich in den vielen Gemeinsamkeiten dann aber doch im Sinne der Sache zusammen. Solange niemand permanent ausschert, ist das doch kein Problem, sondern Zeichen einer differenzierten, zwangsbefreiten Politik.

JS: Die kommende Legislatur wird deine zweite. Was willst du politisch bewegen?

AvF: Sollte ich weitere vier Jahre im Rathaus ein und ausgehen dürfen, freue ich mich auf verstärkte Zusammenarbeit mit Personen aus anderen Fraktionen. Daraus entstehen meist mehrheitsfähige, abgerundete Vorschläge – das macht Spass. Ausserdem habe ich einige schriftliche Anfragen hängig. Wenn die Antworten dazu vorliegen, ergibt sich über die nächsten Jahre bestimmt der eine oder andere Vorstoss. Auch die Arbeit in der Kommission – aktuell der Wirtschafts- und Abgabekommission – gefällt mir sehr. Je nach Verteilung der Kommissionen erwartet mich ein neues Themenfeld, in das ich mich einarbeiten darf. Die Vielseitigkeit und der Einblick in die ganz unterschiedlichen politischen Themen ist einer der Aspekte, die ich am Grossrätin sein am meisten schätze.

JS: Trump oder Harris?

AvF: Harris, logo!

JS: Warum?

AvF: Weil es für Amerikas politische Konstanz und Kontinuität wichtig wäre, dass die erfolgreiche Politik von Joe Biden der letzten 4 Jahre fortgesetzt wird. Kamala Harris hat die Energie, die politische Erfahrung und die inhaltliche Beständigkeit dafür. Die politische Stabilität Amerikas ist für uns in Europa wichtig. Ein toller Nebeneffekt von Kamala Harris’ Wahl wäre, dass sie die erste schwarze Frau in diesem Amt wäre, was wiederum viele andere Frauen ermutigen und inspirieren würde, gross zu träumen – solche Vorbilder sind wichtig.

JS: Danke für’s Gespräch!

Empfehlung:
Schreiben Sie Annina von Falkenstein maximal (!) 1x auf die Liste 10 der GLP. Wählen Sie unter keinen Umständen die Liste ihrer Partei! Das könnte viel Ungemach über unsere Stadt bringen, und ich müsste viel Schelte von meiner Partei für diese Aktion hier einstecken… 😉

Wählen Sie weise mit der Liste 10 der Grünliberalen Partei in allen Wahlkreisen und verzichten Sie, bis auf die hier aufgeführten Ausnahmen, auf jegliches Panaschieren.

Vielen Dank!
Johannes Sieber, Liste 10/GLP, Wahlkreis Kleinbasel

Online: Johannes Sieber Notizen, Erneuerungswahlen 2024
Wahlen 24: Eine Empfehlung aus jeder Fraktion
Johannes Sieber, Notizen

Online: Johannes Sieber, Erneuerungswahlen, 20. Oktober 2024
3x auf die Liste 10/GLP im Kleinbasel: Johannes Sieber
Johannes Sieber, Erneuerungswahlen 2024

Foto: Lucia Hunziker