«Ja, aber…», schreibt der Regierungsrat in seiner Antwort auf meine schriftliche Anfrage, ob die Pressefreiheit in Basel-Stadt garantiert sei. Anlässlich der Demo vom 21. Oktober 2023.
Zwar sei die Medienfreiheit ein hohes Gut und ein wichtiger Pfeiler jeder stabilen Demokratie, jedoch: «Wie andere Freiheitsrechte kann auch die Medienfreiheit laut Verfassung bei Vorliegen einer rechtlichen Grundlage, einem öffentlichen Interesse und von Verhältnismässigkeit eingeschränkt werden.»
Ob eine solche Einschränkung angezeigt ist, würden die Einsatzkräfte aufgrund einer Güterabwägung während Einsätzen treffen. Eine Gruppe von unbeteiligten Zivilpersonen in einen Einsatzperimeter zu lassen, bedeute für alle Blaulichtorganisationen eine Behinderung des Einsatzes und könne dessen Erfolg gefährden.
Das ist nachvollziehbar. Man stelle sich vor, ein Pressefotograf verhindert die Festnahme eines Straftäters, oder schlimmer: die Rettung eines Unfallopfers. Gleichzeitig bleibt es fraglich, ob Journalist:innen an Demonstrationen auf Informationen des Mediensprechers der Polizei verwiesen werden können. Ist es doch gerade inhärenter Bestandteil der journalistischen Arbeit, sich ein eigenes Bild zu machen. Beispielsweise, wenn Demonstrationsteilnehmer:innen über Stunden in einem «Kessel» festgehalten werden. Und: ob die Journalist:innen mit «unbeteiligte Zivilpersonen» gleich gesetzt werden sollten, ist zumindest fraglich.
Der Regierungsrat beurteil die Zusammenarbeit mit Medienschaffenden als sehr gut. Die Medienstellen der Kantonspolizei und des Justiz- und Sicherheitsdepartements stehen in regelmässigem Austausch mit Medienschaffenden. Es werden pro Jahr 1300 Medienanfragen beantwortet. Das ist beachtlich!
Online: Grosser Rat, Geschäft 23.5550
Schriftliche Anfrage Johannes Sieber betreffend die Pressefreiheit in Basel-Stadt
Grosser Rat Basel-Stadt, Geschäftsverzeichnis
Notiz vom 29. Oktober 2023: Grosser Rat, Schriftliche Anfrage: Im Rahmen der Demonstrationen, die am 21. Oktober 2023 trotz dem kritisierten Demonstrations-Verbot stattgefunden haben, wurden Journalist:innen nach eigenen Aussagen von der Polizei an ihrer Arbeit behindert. Eine Journalistin von Radio SRF berichtet, sie hätte an noch keiner Demonstration so oft ihren Presseausweis zeigen müssen, und sie sei noch nie so oft trotzdem weggewiesen worden. Sie habe sich zudem von mehreren Polizist:innen sagen lassen müssen, dass ein Presseausweis nichts wert sei.
Gemäss Bundesverfassung Art. 17 ist «die Freiheit von Presse, Radio und Fernsehen sowie anderer Formen der öffentlichen fernmeldetechnischen Verbreitung von Darbietungen und Informationen gewährleistet» und «Zensur ist verboten».
In diesem Zusammenhang bitte ich den Regierungsrat um die Beantwortung folgender Fragen:
- Ist die Pressefreiheit garantiert in Basel-Stadt?
- Ist gewährleistet, dass Journalist:innen auch Demonstrationen uneingeschränkt beobachten und darüber berichten können? Auch, wenn die Polizeiarbeit gegebenenfalls kritisiert werden muss?
- Ist der Regierungsrat der Ansicht, dass es Gründe gibt, im Zusammenhang mit Demonstrationen die Pressefreiheit einzuschränken? Falls ja, welche sind das?
- Wurden die geschilderten Aussagen seitens Polizei, dass ein Presseausweis nichts wert sei, an einer der Demonstrationen am 21. Oktober 2023 tatsächlich gemacht? Falls ja, von wem und warum?
- Bestehen Richtlinien bezüglich Umgang mit Journalist:innen an Demonstrationen? Falls ja, wer legt diese fest? Wie lauten sie? Wer ist für deren Umsetzung operativ verantwortlich?
- Ist der Regierungsrat im Austausch mit Journalist:innen bezüglich dieser Richtlinien und der Handhabung von Pressefreiheit an Demonstrationen? Besteht ein Einvernehmen bezüglich der Zusammenarbeit zwischen Polizei und Journalist:innen?
- Soll dieses Einvernehmen durch einen regelmässigen Austausch gefördert werden?
Der Regierungsrat wird die Fragen voraussichtlich anfangs 2024 beantworten.
Radio: SRF, Regionaljournal, Hanna Girard, 27.10.2023
Basler Medien sehen sich an Demos von Polizei an Arbeit gehindert
SRF, Regionaljournal
Foto zur Notiz: Medienstelle der Kantonspolizei Basel-Stadt