Stempelsteuer bleibt

Stempelsteuer bleibt!

13. Februar 2022: Nein zum Abschaffen der Stempelsteuer!

Wenn ein Unternehmen mehr als CHF 1 Million Eigenkapital aufnimmt, wird darauf eine Steuer von 1 Prozent fällig. Will heissen: Wenn Ihre Idee für ein Startup zehn Bekannte überzeugt, für je CHF 200 Tausend Aktien zu kaufen, versteuern Sie die 2. Million mit einem Prozent: 10 Tausend Franken werden fällig. Die Stempelsteuer bringt dem Staat CHF 250 Millionen pro Jahr.

Die Stempelsteuer soll abgeschafft werden. Das haben National- und Ständerat beschlossen. Dagegen wurde das Referndum ergriffen, darum stimmen wir am 13. Februar darüber ab.

Sei es auf Einkommen, Konsum, Vermögen oder Finanztransaktionen: In der Schweiz bezahlen natürliche und juristische Personen (GmbH, AG, etc.) Steuern. Mit diesen Steuern finanziert der Staat all jene Leistungen, die seine stimmberechtigte Bevölkerung für nötig, richtig oder wichtig erachtet.

Wie alle Wirtschaftsstandorte bietet die Schweiz den Unternehmen einen steuerlichen Rahmen. Auf kantonaler Ebene bestehen hier Unterschiede, auf Bundesebene haben alle dieselben Voraussetzungen. Der steuerliche Rahmen ist ein Kriterium für Unternehmen, in der Schweiz ansässig zu werden. Andere Kriterien sind die Rechtssicherheit oder die soziale und die kulturelle Umgebung: Gute Schulen und ein Lebensumfeld, das Mitarbeitende zum Arbeiten am Standort motiviert. Letztere Faktoren werden grossteils über staatliche Leistungen ermöglicht und garantiert – fianziert aus Einnahmen durch Steuern.

Diskutabel ist, welche Steuern gerechtfertigt sind oder Sinn machen. Gegen die Stempelsteuer spricht, dass sie etwas quer in der Landschaft steht. Sie stammt aus dem 18. Jahrhundert und besagt, dass jedes offizielle Schriftstück und Dokument einen Stempel haben muss, worauf eben die Stempelsteuer erhoben wurde. Nur wenige Länder kennen diese Steuer noch.

Für den Entscheid, ob die Stempelsteuer abgeschafft werden soll oder nicht, ist jedoch eine ganz andere Frage entscheidend: Gibt es einen Anlass dazu?

Ein Anlass wäre beispielsweise, dass der Wirtschaftsstandort gegenüber vergleichbaren Alternativen eine dringliche Attraktivitätssteigerung erfahren muss und dass die Stempelsteuer dafür ein grosses Hindernis darstellt. Beides ist nicht gegeben. Ein Anlass wäre auch, dass durch das Abschaffen der Stempelsteuer die Innovation von Unternehmen gefördert und KMUs existenziell entlastet würden. Auch das ist nicht der Fall.

Die Stempelsteuer wird heute von rund 2’300 Unternehmen bezahlt. Zwar sind von den betroffenen Unternehmen ca. 90% KMUs, jedoch entsprechen diese rund 2’000 KMUs gerademal 0,3 Prozent aller KMUs der Schweiz; das sind 600’000. Folglich: 598’000 KMUs profitieren nicht vom Abschaffen der Stempelsteuer. Wenn wir also KMUs und Startups tatsächlich fördern wollen, müssen wir andere Massnahmen ergreifen.

Es zeigt sich deutlich, dass die Nutzniesser vom Abschaffen der Stempelsteuer in erster Linie multinationale Unternehmen, Banken, Versicherungen und Holdinggesellschaften sind. Das kommt nicht von ungefähr: Die Idee, Eigenkapital von Steuern zu befreien, entstand mitten in der Finanzkrise. Banken wurden mit staatlichen Backups aufgefangen und mussten zur Stabilisierung ihrer Existenz mehr Eigenkapital anhäufen.

Als Massnahme zur Förderung der Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit der KMU taugt die Massnahme nicht. Doch mich stört noch ein ganz anderer Punkt: Wenn wir das Staatsbudget um jährlich CHF 250 Millionen verschlechtern, warum tun wir das nicht so, dass damit Anreize für eine ökologisch nachhaltige Wirtschaft geschaffen werden? Das ist eine verpasste Chance!

Gerade wenn argumentiert wird, dass mit der Verbesserung der Rahmenbedingungen am Standort der Wirtschaft zu einem Schub verholfen wird, der Arbeitsplätze und letztlich staatliche Mehreinnahmen generiert, warum soll dieser Schub nicht gezielt in Sektoren stattfinden, die sich mit ökologischer Nachhaltigkeit beschäftigen? Mir scheint, dass hier in einem Anflug von wirtschafts-liberaler Romantik übersteuert wird.

Position: Ich empfehle ein Nein zum Abschaffen der Stempelsteuer. Es werden damit keine Anreize für eine ökologisch nachhaltige Wirtschaft geschaffen. Das ist eine verpasste Chance. Nur 0.3% der KMUs in der Schweiz bezahlt Stempelsteuer. Wollen wir KMUs und Startups fördern, müssen wir andere Massnahmen ergreiffen. Die Idee zum Abschaffen der Stempelsteuer wurde vor gut 10 Jahren, mitten in der Finanzkrise geschaffen. Profitieren werden multinationale Unternehmen, Banken und Versicherungen. Es besteht heute kein Anlass dazu, die Idee umzusetzen.

Online: Der Bundesrat, Volksabstimmung vom 13. Februar 2022
Änderung des Bundesgesetzes über die Stempelabgaben
Das Portal der Schweizer Regierung

Online: Watson, Petar Marjanović, 2022
Stempelsteuer, hä? Wir erklären dir die Abstimmung in 150 Sekunden
www.watson.ch

Online: SRF, Arena, 14.01.2022
«Abstimmungs-Arena» zum Gesetz über die Stempelabgaben
Schweizer Radio und Fernsehen

Online: Stempelsteuer-Bschiss, Referendumskomitee, 2022
Nur noch Lohn,Rente und Konsum besteuern?
www.stempelsteuer-bschiss.ch

Foto zur Notiz: Brano