Podium Gleichstellung für alle?

Mehr Perspektiven machen Gleichstellungsarbeit besser

Der Kanton Basel-Stadt revidiert das Gleichstellungsgesetz. Der sogenannt «klassische» Gleichstellungsauftrag soll um Gleichstellungsarbeit für queere Menschen erweitert werden. Der Grosse Rat hat dafür bereits für das laufende Jahr eine zusätzliche 50% Stelle und zusätzliche Sachmittel budgetiert.

Der Gesetzesentwurf bildet die Vielschichtigkeit der Geschlechtsverhältnisse und -identitäten in der Verflechtung biologischer und sozialer Faktoren ab. Damit wird der heute binär formulierte Geschlechterbegriff geöffnet. Für die kantonale Gleichstellungsarbeit soll «Geschlecht» neu die Geschlechtsmerkmale, die Geschlechtsidentität, den Geschlechtsausdruck und das soziale Geschlecht umfassen. Damit können zusätzliche Perspektiven bei der Gleichstellungsarbeit berücksichtigt werden, was diese besser macht.

Das gefällt nicht allen. Seit Wochen macht ein Kollektiv von Frauenrechtlerinnen mobil gegen die Gesetzesrevision, die sich aktuell in den vorberatenden Komissionen befindet. Ein Frau ist eine Frau ist eine Frau behaupten sie und determiniert sei das durch die Biologie. Die Revision sehen sie als Gefahr für die Gleichstellung der Frau.

Die «habs queer basel» lud am 19. April in der Kaserne Basel zu einer Podiumsdiskussion unter dem Titel «Gleichstellung für alle?». In einem kurzen Inputreferat stellte Dr. med. David Garcia Nuñez die Auswirkungen von Ausgrenzung/Othering und Diskriminierung auf betroffene Menschen vor und erklärte, wie Geschlecht aktuell definiert wird. In einem weiteren Inputreferat informierte MLaw Elisabeth Joller über die juristischen Aspekte des geplanten Gleichstellungsgesetzes, grenzte dieses zum verfassungsrechtlichen Diskriminierungsverbot ab und zeigte die Unterschiede zum eidgenössischen Gleichstellungsgesetz auf. Im Anschluss diskutierten Alessandra Widmer (Co-Geschäftsführerin LOS), MLaw Elisabeth Joller, Anwältin; Martina Meier, Biologin und Mit-Initiantin von Justitia ruft; Billy Ostertag (habs queer basel) und ich. Moderiert wurde die Diskussion vom Martina Rutschmann.

Nach einer respektvollen und sachlichen Diskussion auf dem Podium wurde es beim Publikumsteil emotionaler. Es fielen ein paar schwer verdaubare Voten. So wurde beispielsweise biologistisch begründet, warum queere Menschen nicht von Gleichstellungsarbeit profitieren sollten. Dieses Recht soll «der Frau» vorenthalten sein. Ging es nach Justizia ruft, sollen Herausforderungen queerer Menschen in einem extra Gesetz begegnet werden. Das brachte einen Exponenten aus der Veranstalterorganisation derart auf die Palme, dass er auf die Gefahren von Kategorisierung von Menschen in den historischen Kontext des Natioinalsozialismus knüpfte. Eine steile These, an der sich die grosse Mehrheit der Anwesenden verschluckte.

Die ganze Diskussion ist bei «queerUp Radio» abrufbar.

Online: queerUp Radio, Que(e)rBeet Spezial im April 2023
Aufzeichnung Podiumsdiskussion «Gleichstellung für alle?»
queerUp Radio

Online: Johannes Sieber, Notizen, 08.03.2023
Hintergrund Gleichstellung – zehn Fragen zu Geschlecht & Gesetz
Johannes Sieber, Notizen

Zeitung: Basler Zeitung, Katrin Hauser, Nina Jecker, 26.04.23
«Man hat mich im Fitnesscenter in den Keller geschickt» – «Für solche Situationen braucht es Lösungen»
Basler Zeitung

Online: Bajour, Valerie Zaslawski, 18.04.23
Zum Abschluss der grosse Knall
Bajour

Online: SRF, Schweiz Aktuell, 19.04.23
Hitzige Debatte um Gleichstellungsgesetz endet mit Nazi-Vergleich
Schweizer Radio und Fernsehen

Online: SRF, Regionaljournal, 19.04.23
Debatte über das umstrittene Basler Gleichstellungsgesetz
Schweizer Radio und Fernsehen

Foto zur Notiz: habs queer basel