Für die Erneuerungswahlen am 20. Oktober 2024 empfehle ich aus jeder der sieben Fraktionen im Grossen Rat eine:n Grossrät:in zur Wiederwahl. Vom Grün-Alternativen Bündnis (GAB) über die Mitte bis zur Schweizerischen Volkspartei (SVP) publiziere ich hier sieben Persönlichkeiten aus dem Grossen Rat – und empfehle sie zur Wiederwahl. Mit je einem kurzen Gespräch über die Politik, den Ratsbetrieb und den Kanton Basel-Stadt.
Hintergrund: Soll ein amtierender Grossrat den politischen Gegner zur Wiederwahl empfehlen? Eher nicht. Tue ich es trotzdem? Ja, hier der Grund.
Fraktion Schweizerische Volkspartei: Pascal Messerli (SVP)
Pascal Messerli ist eine Ausnahmeerscheinung am rechten Rand der Basler Politik. Während man bei seinem Fraktionskollegen Stefan Suter den Eindruck hat, er habe sich trotz seiner stoischen Ruhe unüberlegt in der Partei vergriffen, und man sich Joël Thüring gerade so gut als Galionsfigur einer polternden Gewerkschaft vorstellen könnte, ist Pascal Messerli trotz seines jugendlichen Alters und Aussehens bereits so was wie die Wahrwerdung jeden linken Albtraums. Ich frag mich öfters, wie es soweit kommen konnte. Messerli schafft es auf meine Liste, weil er wirklich sagt, was er denkt. Was nicht heisst, dass ich gut finde, was er denkt. Vor allem aber sind ihm politische Spielchen fremd. Das macht ihn zum Musterbeispiel bezüglich Integrität.
Johannes Sieber: Pascal, dir als Anwalt stünde die LDP doch wesentlich besser als diese Polteri-Partei SVP. Warum nur bist du deren Präsident?
Pascal Messerli: Missstände ansprechen, bei denen andere Parteien wegschauen, hat weniger mit Polderi sondern mehr mit der Wahrheit zu tun….
JS: Jesses, erster Satz und schon Wahrheitsansprüche…
PM: Aber um Deine Einstiegsfrage zu beantworten: Ich bin bereits der SVP beigetreten, als ich noch nicht einmal wusste, ob ich die Matura schaffe. Dass es nun sogar für das Bestehen der Anwaltsprüfung gereicht hat, ist für mich sehr erfreulich, hat aber wenig mit der Partei zu tun. Ich denke jede Partei hat und benötigt gute Juristen und Anwälte, jedoch sollten es auch nicht zu viele sein.
JS: Die Schweizerische Volkspartei als Jugendsünde also, nun gut. Neben dem Ansprechen von Missständen wäre das Vorschlagen von Lösungen halt noch ganz hilfreich. Denkst du wirklich «wer das nicht will, wählt SVP» sei die Lösung auf alle Probleme?
PM: Wir haben gerade in der Sicherheitspolitik einige sinnvolle Vorstösse eingereicht, um Probleme zu lösen. Zeig mir doch eine andere Fraktion, welche bei diesem staatlichen Kernthema mehr inhaltliche Vorschläge gemacht hat als wir?
JS: Quantitativ kann keine Fraktion mithalten, das ist schon so. Als SVP-ler hat man in Basel wenig zu lachen. Wahlplakate werden verunstaltet, von Bündnispartnern als Sauhaufen beschimpft, der Vorwurf der Nähe zum Rechtsextremismus. Das ist nicht lustig.
PM: Ich habe momentan sehr viel zu lachen. Seit ich das Präsidium der SVP Basel–Stadt übernommen habe, konnten wir sowohl bei den Bürgergemeinderatswahlen als auch bei den Nationalratswahlen prozentual zulegen. Wenn wir jetzt im Herbst ein ähnliches Resultat erzielen, werden wir im Grossen Rat Sitze gewinnen. Die Partei, aus welcher das Wort «Sauhaufen» kam, hat gleichzeitig über 4% verloren und anschliessend eingesehen, dass es besser ist, unser Bündnispartner zu sein. Nur einzelne Jungliberale, letztes Jahr die schwächste Jungpartei von allen, sind im bürgerlichen Lager gegen den Zusammenschluss, ansonsten ist dies breit abgestützt. Wir haben auch eine starke Legislatur hinter uns, konnten viele Vorstösse einreichen, einige davon sogar durchbringen. Auch bei den Volksabstimmungen konnten wir Erfolge verbuchen, indem wir das missratene Freizeitgartengesetz deiner GLP-Regierungsrätin bodigen konnten. Die Distanzierung von Rechtsextremismus ist und bleibt für mich ein wichtiges Anliegen, ich habe mich ja auch schon mehrfach öffentlich zu dieser Thematik geäussert.
JS: Ich weiss nicht, was an diesem Freizeitgartengesetz missraten war, abgesehen – offen gestanden – von der Pro-Kampagne. Wie auch immer: Die Distanzierung von Rechtsextremimus tut dringend Not, wenn man ins Baselbiet und andere SVP-Hochburgen schaut. Macht dir das nicht Sorgen?
PM: Bezüglich Distanzierung teile ich deine Meinung. Schlussendlich liegt dies aber in der Kompetenz der einzelnen Sektionen. Wir schauen auf unseren Weg und werden diesen konsequent weitergehen. Ich nehme an, bei den anderen Punkten Deiner Ursprungsfrage, gibst du mir Recht.
JS: Immer wenn du ‚gibst du mir recht‘ sagst, zucke ich bisschen zusammen. Was anderes: Die Budgetdebatte im Dezember dauert deinetwegen jeweils einen ganzen Tag. Unzählige Kürzungsanträge, keiner davon mehrheitsfähig. Hast du mal ausgerechnet, was diese Show den Steuerzahler jeweils kostet?
PM: Mit dieser Frage zeigst du eindeutig, dass die GLP finanzpolitisch einen völlig falschen Ansatz hat.
JS: Hach…
PM: Wir sind Parlamentarier und das Budget ist finanzpolitisch das wichtigste Instrument, welches wir haben. Es ist ein absolutes Trauerspiel, wie das Budget Jahr für Jahr unkritisch vom Parlament abgesegnet wird.
JS: …. entschuldigung, ihr präsidiert mit Joël Thüring die Finanzkommission….
PM: Es ist ja auch Deine GLP, welche ständig vom Regierungsrat Einsparungen verlangt und gleichzeitig nicht bereit ist, in der Budgetdebatte eigene Vorschläge zu machen…
JS: … die GLP ist in der Finanzkommission eine zuverlässige…
PM: …ich verstehe aber natürlich, dass es für Euch als linke Partei neben den gebundenen Kosten schwer ist, im Bereich Kultur oder Gleichstellung Einsparungen vorzuschlagen….
JS: … ja, warum auch…?
PM: …. spannend finde ich diesbezüglich noch, dass ihr mit einem Vorstoss die Einführung eines Finanzplans fordert, der dann auch im Parlament behandelt werden soll.
JS: Das war einer der letzten Vorstösse von unserem Gründungspräsi David Wüest Rudin….
PM: Ich unterstütze dieses Anliegen sehr. Wenn ich jedoch analog zum Budget der einzige im Parlament bin, der den Finanzplan kritisch hinterfragt, dann ist der Finanzplan in erster Linie eines: Steuergeldverschwendung!
JS: Uiuiu, es geht schon wieder los. Also wenn man der Einzige von 100 ist, dann muss man sich ja schon auch fragen, an wem es liegt. Deine Manöver in der Budgetdebatte ist Finanzpolitik für’s Schaufenster und die Medien fallen drauf rein. Die GLP steht für Schuldenabbau und ist bezüglich Ausbau des Staats deutlich zurückhaltender als Links.
PM: Dann haben wir wohl eine unterschiedliche Definition beim Wort “deutlich”. Wir können jedoch sehr gerne einmal zusammen Sparideen kreieren, da bin ich offen.
JS: Von uns ist Tobias Christ in der Finanzkommission. Er hat bestimmt ein offenes Ohr für gute Vorschläge … die dann wohl aber eher von ihm kommen. Übrigens glaube ich, wir haben eine Gemeinsamkeit: Wir nerven uns beide ehrlich über politische Gegner. Hast du mir einen Tipp, wie damit umzugehen?
PM: Wenn ich mich nerve, dann eigentlich nur im Rahmen einer Debatte, kurze Zeit später kann ich wieder runterfahren und mich auf anderes konzentrieren. Sollte ich Dich über einen darüber hinausgehenden, längeren Zeitraum nerven, dann habe ich jetzt fast schon ein schlechtes Gewissen.
JS: Trump oder Harris?
PM: Für mich sind ehrlich gesagt beide nicht wählbar. Trump hatte für mich nie das staatsmännische Format, um ein Land zu regieren. Harris ist mir politisch zu weit weg. Ich tue mich aber generell schwer damit, in anderen Ländern Favoriten zu haben. In den USA haben wir ein Zweiparteiensystem, welches ich schlecht finde, und in anderen Ländern wird regelmässig die aktuelle Regierung “abgestraft”. Da denke ich immer an das gute System in der Schweiz. Mit dem Konkordanzsystem sind die grössten Parteien in der Landesregierung eingebunden und dank dem Instrument Referendum kann nicht einfach eine Mehrheit alles durchboxen, sondern alle müssen Kompromisse eingehen, damit die jeweiligen Vorlagen möglichst breit abgestützt sind. Das ist für mich die wahre Kunst in der Politik. Aber ich sehe schon, ich habe Deine Frage nicht beantwortet.
JS: Das war jetzt aber eine SEHR lange Antwort…. danke für’s Gespräch!
Empfehlung:
Schreiben Sie Pascal Messerli maximal (!) 1x auf die Liste 10 der GLP. Wählen Sie unter keinen Umständen die Liste seiner Partei! Das könnte viel Ungemach über unsere Stadt bringen, und ich müsste viel Schelte von meiner Partei für diese Aktion hier einstecken… 😉
Wählen Sie weise mit der Liste 10 der Grünliberalen Partei in allen Wahlkreisen und verzichten Sie, bis auf die hier aufgeführten Ausnahmen, auf jegliches Panaschieren.
Vielen Dank!
Johannes Sieber, Liste 10/GLP, Wahlkreis Kleinbasel
Online: Johannes Sieber Notizen, Erneuerungswahlen 2024
Wahlen 24: Eine Empfehlung aus jeder Fraktion
Johannes Sieber, Notizen
Online: Johannes Sieber, Erneuerungswahlen, 20. Oktober 2024
3x auf die Liste 10/GLP im Kleinbasel: Johannes Sieber
Johannes Sieber, Erneuerungswahlen 2024
Foto: Lucia Hunziker