Basel-Stadt Ersatzwahl Regierung 3. März 24

Ersatz für Regierungsrat Beat Jans – (k)eine Wahlhilfe

Am 3. März 2024 wählt Basel-Stadt den Nachfolger für Regierungspräsident Beat Jans. Aufgrund vermehrter Nachfrage nach Entscheidungshilfe hier meine Notiz zum Thema. Spoiler alert: alle sind wählbar. Die Foto-Collage mit den vier Mannen habe ich bei der bz geklaut, danke.

Die eine Rochade ist nicht nur denkbar, sondern sehr wahrscheinlich: Conradin Cramer (LDP) macht einen baum’schen Abgang aus dem Erziehungsdepartement (ED) und überlässt dessen Baustellen seinem Nachfolger. Im Präsidialdepartement (PD), wo er hin will, sieht er sich den Herausforderungen eher gewachsen. Eine realistische Einschätzung: Überzeugendes Repräsentieren, eloquente Reden und tadellose Umgangsformen müssen Conradin Cramer in die Wiege gelegt worden sein. Sein Talent dafür ist unbestritten. Nicht, dass Jans es nicht konnte, doch Cramer kann es besser. Im Besonderen mit Blick auf die Zeit vor Jans, aber auch auf die drei neuen Kandidaten für die Ersatzwahl am 3. März.

Mustafa Atici (SP): wer ihm schonmal begegnet ist weiss, dass er über in ausgesprochenes Talent im Umgang mit Menschen verfügt. Es ist nicht nur seine Herzlichkeit, wie das die Kampagne der SP vermitteln möchte. Mit Atici hat man vom ersten Moment an das Gefühl, schon lange befreundet zu sein. Sie denken, das sei eine Selbstverständlichkeit? Ist es nicht. Die meisten Politker:innen sind entweder wenig zugänglich (ich zum Beispiel), oder dann – viel schlimmer – treten sie einem mit der Türe ins Haus und setzen sich in die Suppenschüssel, oder sonst wohin man sie nicht haben will. Das Gespür für die richtige Balance, die eben von Mensch zu Mensch unterschiedlich ist, kennt Atici intuitiv. Mir scheint das eine hervorragende Eigenschaft für einen Vorsteher des Erziehungsdeaprtements zu sein, das frei wird, wenn Cramer der Wechsel zum Präsidenten gelingt.

Luca Urgese (FDP): ein durch und durch freisinniger Realpolitiker. Er ist sozusagen der lebende Beweis dafür, dass es bürgerliche Politik fern von rechts-konservativer Borniertheit gibt. Dafür bemüht sich die FDP bekanntlich ganz grundsätzlich, Urgese aber gelingt es am besten. Seine Argumentation ist stets stringent, scharfsinnig und richtig – wenn man den Verdacht auf libertären Positionen nicht fürchtet. Urgese wäre eine hervorragnde Nachfolge für Schatzmeisterin Tanja Soland, die aber nicht zurück tritt. Ihn anstelle von Cramer ins Erziehungsdepartement zu wählen, ist dennoch nicht abwegig. Er könnte seine Entscheide dort stets nachvollziehbar argumentieren. Wir wüssten, woran wir sind und wo es lang geht. Zickzack-Kurs ist ihm fremd. Mit Urgese käme es zu einer Verschiebung der Machtverhältnisse im Regierungsrat. Von 3 (bürgerlich rechts) : 1 (progressives Zentrum) : 3 (links) zu neu 4:1:2. Das kann man wollen oder nicht.

Jérôme Thiriet (Grüne): Für den Stunt der Grünen hege ich bekanntlich Sympathien. Nach der Absage von Sozialdemokratin Salome Hofer (die ich persönlich sehr bedaure) den Sitz der SP anzugreifen, braucht Mut. Dass die grüne Parteispitze per Vorstandsentscheid Kandidat Thiriet lanciert, um die Mitgliederversammlung erst nachträglich und gegen die rebellierende Jungpartei für ihren Entscheid zu gewinnen, ist ein kleines Meisterstück in Parteiführung. Es kann aber auch als Murks gelesen werden. Stellt sich die Frage, was abgesehen vom Stunt seiner Partei für Kandidat Thiriet spricht? Er ist ein engagierter, berherzter, bestens vernetzter und auch führungserfahrener Politker. Dass er keine Matur absolvierte und der Berufslehre mehr Fokus widmen will, halte ich für mehr als leere Wahlkampfplattitüden – und es wäre besonders im Erziehungsdepartement eine wertvolle Perspektive. Wie Atici politisiert Thiriet eher am moderaten Rand einer linken Partei. Mit seinem Pragmatismus würde er gut in unseren Regierungsrat passen.

Du siehst: alle Kandidaten sind grundsätzlich wählbar. Persönlich halte ich für wahrscheinlich, dass Conradin Cramer ins PD gewählt wird und Mustafa Atici dessen Nachfolge im ED antritt. Der Umstand, dass Cramer durch die Rochade das Departement, in dem man sich den Bildungspolitiker Atici gut vorstellen kann, frei gibt, wäre Stoff für drei Episoden in «House of Cards». Doch so viel Hinterzimmer darf man der traditionellen Macht-Achse LDP-SP nicht andichten. Sowas gibt’s wohl nur im Film.

Foto zur Notiz: Collage: Aib / bz Zeitung für die Region