Nachtkultur

Kulturpolitik der Nacht

Während die Umsätze im Schweizer Detailhandel wieder steigen (im Juli 2020 um 3.4%) leiden die Unternehmen der Nachtkultur schweizweit nach wie vor unter den verordneten Massnahmen aufgrund der Covid-19 Pandemie.

Diese Massnahmen sind kantonal unterschiedlich. Mit Föderalismus wird der regionalen Entwicklung der Pandemie begegnet: Während Basel anfangs Juli mit der Maskenpflicht an Tanzveranstaltungen über 100 Personen auf die Bremse trat, setzte Zürich auf verifizierte Kontakt-Daten zwecks Tracing, Genf hingegen schloss die Pforten der Tanzlokale ganz.

Welchen Stellenwert die Nachtkultur in der Schweizer Kulturpolitik hat, brachte Covid-19 schonungslos ans Tageslicht. Die Erkenntnis ist ernüchternd. Denn während die Massnahmen unterschiedlich sind, hat das Vorgehen leider Linie: Überall werden die Massnahmen ohne ausreichenden Einbezug der Branchenvertretungen beschlossen. Diese beklagen sich zurecht.

Zwar verkündet die NZZ heute freudig, dass die Zürcher Klubs mit 3 Millionen Franken unterstützt werden. Dass es sich dabei um die im März (!) vom Bund versprochene Ausfallentschädigungen handelt, zeigt auf, dass die Zürcher Fachstelle für Kultur mit der Anzahl der Gesuche schlicht überfordert war. In Basel vernimmt man dasselbe. Den Fachstellen dafür einen Vorwurf zu machen, wäre hingegen falsch.

Dass die meisten kantonalen Fachstellen für Kultur in dieser Pandemie erstmals mit Unternehmen der Nachtkultur in Berührung kommen, ist ein politisches Problem. Und dass es im Jahr des Distanzhaltens wenigstens hier zu einer Annäherung kommt, ist zu begrüssen.

Die Schweizer Kulturpolitik muss sich dringend über die Betriebszeiten ihrer Zuständigkeit Gedanken machen. 24 Stunden an 7 Tagen wäre mein Vorschlag.

Willkommen im Schichtbetrieb!

Zeitung: NZZ, 03.09.2020
Die Zürcher Klubs werden mit 3 Millionen Franken unterstützt
Neue Zürcher Zeitung

Online: Nau, 31.08.2020
Schweizer Detailhandelsumsätze steigen
Nau.ch

Foto zur Notiz: Marius Serban, Unsplash