Nachtkultur als Sündenbock

Störend genug, dass auf Datenmaterial vom Bund ein Exklusivrecht überhaupt möglich ist. Viel (ver-)störender aber ist, das SRF Radio und Schweizer Fernsehen diese exklusiven Daten offenbar nicht korrekt zu interpretieren vermag. Ob Headline auf SRF-News Seiten oder Anmoderation von unwissenden Tagesschausprechern: Geht es darum, den Staats-Feind Nr. 1 in Sachen Covid-19-Verbreitung zu indentifizieren, ist der Fall klar. Es sind die Clubs, Bars und Restaurants.

Zwar liest und hört man – quasi im Kleingedruckten – dass mehr als die Hälfte der Ansteckungen nicht verifizierbar sind. Will heissen: nur von der bekannten Hälfte der Ansteckungen erfolgt wiederum ungefähr die Hälfte in Clubs. Aber wer geht in der Hitze des Primeurs schon in die Details, wenn es um eine reißerische Headline geht?

Alex Bücheli von der Bar & Club Kommission Zürich tut es und bringt es im 10vor10 auf den Punkt: In Clubs sind Ansteckungen nachweisbar, weil diese (zurecht) zu lückenlosem Monitoring von Gäste-Daten verpflichtet sind. Überall sonst gilt: Ansteckung unbekannt. Warum SRF das nicht zu differenzieren vermag, bleibt das grosse Rätsel.

Genf schliesst derweil per sofort die Clubs und damit die Räume, die wie keine andern über Schutzkonzepte, Kontaktdaten-Monitoring und geschultes, professionelles Personal verfügen. Freuen wir uns also auf die illegalen Raves und Privatparties auch in den andern Kantonen, wenn diese ebenso kopflos handeln.

Online: Bar & Club Kommission Zürich, 31.07.2020
BCK Medienmitteilung. Zwischenbilanz ZH Nachtleben.
Bar & Club Kommission Zürich

TV: SRF, Tagesschau, 31.07.2020
Zwei von drei mit Cornoa Infizierten steckten sich im Ausgang an
SRF Schweizer Radio und Fernsehen

Online: 20 Minuten, 31.07.2020
So viele Personen stecken sich im Ausgang an
20 Minuten

Nachtrag von 2. August: Das BAG korrigiert die Zahlen:

Online: BAG, 02.08.2020
Korrektur: Hauptansteckungsort ist das familiäre Umfeld, nicht die Clubs
www.bag.admin.ch

Foto zur Notiz: Urs Jaudas, Tagesanzeiger